Wie sind Feuerwehren in der Region auf Extremwetter vorbereitet?
Starkregen, Hochwasser, Hagel, Stürme: Bei Extremwetterereignissen sollen fünf neue Ergänzungseinheiten die Feuerwehren im Landkreis Heilbronn unterstützen. Wie genau das funktioniert und wann die Einheiten einsatzbereit sind.
Immer häufiger haben es kommunale Feuerwehren mit Extremwetterereignissen wie Starkregen, Hochwasser, Hagel, Stürmen und Tornados zu tun. In ganz Deutschland haben Unwetter in den vergangenen Jahren immense Schäden verursacht und Leben gekostet. Auch in der Region gab es bereits brenzlige Fälle. Zum Beispiel als kürzlich ein heftiger Regen mit Hagelsturm über dem Kraichgau niederging, wobei eine Frau in ihrem Auto in einer Garage von Wassermassen eingeschlossen wurde.
Um angesichts der Häufigkeit dieser Großereignisse handlungsfähig zu bleiben, sollen die Feuerwehren in der Region in rund zwei Jahren von sogenannten Großschadensergänzungseinheiten unterstützt werden.
Wie es zu dieser Entscheidung kam, erklärt Kreisbrandmeister Bernd Halter: "2021 erteilte der Kreistag den Auftrag, eine Sachstandsbetrachtung des Bevölkerungsschutzes über den gesamten Landkreis Heilbronn zu erstellen." Die Gefährdungsbeurteilung fußt auf einem standardisierten Verfahren des Bundesamtes für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK). Der Fokus liege dabei auf der "nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr". Hierzu zählen witterungsbedingte und nichtwitterungsbedingte Gefahren wie Sturm, Starkregen, Hochwasser, Hagel, Schnee, Erdrutsche, Stromausfälle und Hitze, aber auch Brände und chemische Gefahren.
"Dabei wurde festgestellt, dass jede Kommune mit ihrer Feuerwehr bezogen auf die örtlichen Verhältnisse gut aufgestellt ist. Es zeigte sich aber auch, dass wir über den gesamten Landkreis betrachtet, schnell an die Grenze der Leistungsfähigkeit kommen - gerade bei Hochwasser, Starkregen und Sturmereignissen." Treten solche Extremwetterlagen auf, sei es schwer, die Ressourcen so einzusetzen, dass die einzelne Kommune trotzdem ausreichend ausgerüstet sei. Das Fazit: Es brauche unterstützende Einheiten, die im ganzen Landkreis eingesetzt werden können und die die Einsatzleitung kurzfristig anfordern könne.
Die Region sei bereits in fünf Feuerwehrbezirke, die sich in Sachen Information und Ausbildung organisieren, gegliedert. Aus einsatztaktischen Überlegungen heraus, greife man nun auf diese Aufteilung zurück, wenn es um die Installation der neuen sogenannten Großschadensergänzungseinheiten geht. "Für jeden der fünf Bezirke wird eine Großschadensergänzungseinheit aufgestellt, die nicht nur dem Bezirk dient, sondern innerhalb des gesamten Landkreises eingesetzt werden kann." Eine Einheit werde von zwei Kommunen betrieben und rekrutiere sich aus dem Personalstamm der Standortfeuerwehren. Festgelegt wurden Zaberfeld und Pfaffenhofen, Ittlingen und Kirchardt, Gundelsheim und Offenau, Widdern und Jagsthausen sowie Löwenstein und Wüstenrot.
Jede Einheit könne bereits mit insgesamt sechs Personen aktiv werden. "Damit erreichen wir eine hohe Flexibilität", so Halter. Ausgestattet werden die Einheiten nach dem Motto einfach und robust. Dabei handelt es sich um einen geländegängigen Mannschaftstransportwagen (MTW), der auch bei überfluteten Straße oder Geröllabgängen fahren kann. Dieser diene dem Mannschafts- und dem Ausrüstungstransport, könne aber auch bei Evakuierungen eingesetzt werden.
Zudem besitze er ein Schienensystem für Tragen oder Rollstühle bei Krankentransporten. "Die Ausstattung ist darauf ausgelegt, dass die Einheiten zwölf bis 24 Stunden autark operieren können", erklärt der 52-Jährige. Jeder Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau könne nach der Grundausbildung die Gerätschaften darin bedienen. "Außerdem ist die Ausrüstung so gewählt, dass auch Spontanhelfer vor Ort nach kurzer Einweisung miteinbezogen werden können."
Das zweite Fahrzeug ist ein geländegängiger Lkw mit einer sogenannten Modulbeladung aus Handwerkszeug, Beleuchtungsequipment und Wassersaugern. Ergänzend werde an jede Einheit ein Spezialanhänger vergeben, der mit beispielsweise einer Großpumpe oder mit Hochwasser-Schubbooten ausgestattet sei.
Derzeit läuft die Beschaffung der Ausrüstung. "Die langen Lieferzeiten der Fahrzeuge sind auch der Grund, weshalb die Einheiten in frühestens zwei Jahren vollumfänglich einsatzfähig sind", so Halter. Das wünsche man sich anders, doch einen Einfluss habe man nicht darauf. Dennoch: "Jedes Gerät, das wir bereits erhalten, wird auch direkt eingesetzt." Veranschlagt ist das Projekt mit 2,5 Millionen Euro, das mit 500.000 Euro Landesmitteln gefördert wird. "Wir sind froh, dass der Kreistag seine Verantwortung ernst nimmt", betont Halter.
Der Klimawandel stellt Feuerwehren vor neue Herausforderungen. Der Landkreis reagiert darauf und hat 2020 eine Sandsackabfüllanlage gekauft, die in Neckarsulm stationiert ist. Bei der Feuerwehr Ellbachtal steht ein Tanklöschfahrzeug mit Zusatzbeladung für Waldbrand. Entsprechend werden Einsatzkräfte aus Ellhofen und Lehrensteinsfeld in der Vegetationsbrandbekämpfung ausgebildet. Diese Fachgruppe berät andere Feuerwehren und kann bei Flächenbränden angefordert werden.